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Spot an auf „LICHTUNG“ – Kunstobjekte in Holz und Seide von Ilka Raupach

Aktualisiert: 13. Juli 2021

Vernissage in der SchlossGalerie Haape in Caputh: „Lichtung – das Spannungsverhältnis von Kultur und Natur“



Schon beim Gang über die dörflichen Pflastersteine von Caputh lenken verwehte Pianoklänge meine Schritte zur SchlossGalerie Haape am Havelufer. Hier versammeln sich Künstlerin und Kunstliebhaber, Galeristin mit Familie und Freunden, Pianistin und Zuhörer im Sommergarten vor der Galerie. Am Freitag, dem 25. Juni 2021, fällt das Licht der frühen Abendsonne auf die „Lichtung“ – „Ort und Thema“ der Ausstellung mit den Worten der Caputherin Ilka Raupach, Diplom- Bildhauerin und Künstlerin aus Berufung und als „artist in residence“ polar unterwegs zwischen Sao Paulo in Brasilien und Spitzbergen in der Arktis.


Willkommen bei den Haapes! Johannes Haape richtet im Sinne seiner Frau Melanie das Grußwort an alle Gäste zur Eröffnung der vierten Kunstausstellung seit dem Sommer 2020, seitdem „Caputh diese Galerie gewonnen hat“. Und ein Gewinn ist die SchlossGalerie in der Tat, auch über Caputh hinaus - mit Melanie Haape als Galeristin und Künstlerin, die sich um die Wechselausstellungen unterschiedlichster Gastkünstler kümmert wie auch fortlaufend ihre eigenen Gemälde präsentiert, inspiriert von ihrem südafrikanischen Ursprungsland.





Rohmaterial aus den Wäldern. Dieses Mal ist der Ausstellungspavillon bestückt mit Holzskulpturen, von Hand und mit der Kettensäge der Künstlerin Ilka Raupach in den letzten 12 Monaten gestaltet. Für ihr Rohmaterial zieht sie durch die Wälder von Caputh. „Totholz und der Verfall von Baumriesen“ in Folge von Umweltschäden berührt ihre ökologische Seele und nährt ihre künstlerische Vision: „Vor meinem inneren Auge sehe ich die Skulptur schon vor mir.“ Holz vor dem Feuertod zu retten, ist die eine Motivation. Natur in Kunst zu überführen, sie in neuer Form zu erhalten, ist die andere. Bei ihrer künstlerischen Überformung folgt sie der Sprache des Naturstoffes: „der Maserung, den Jahresringen, Rissen, Verzweigungen" und lässt dem Betrachter Spielraum für eigene Deutungen.



Den Ausstellungsraum betrete ich neugierig und zügig, lasse mich nur kurz irritieren von den weißen Richtungspfeilen auf dem Boden - einem Überrest aus Corona-Abstands-verordnungen für geschlossene öffentliche Räume. Kunst sprengt bürokratische Fesseln. Eine große Holzskulptur stellt sich mir in den Weg und gewinnt meine Aufmerksamkeit. „Als alle Knospen sprangen“ heißt sie. Im April 2021, bevor sich die Knospen in der Natur mit Kraft entfalteten, erfahre ich von Ilka Raupach, „habe ich damit begonnen, aus einem einzigen Stück, aus der Astgabel eines gefällten Walnussbaums eine neue Form zu gestalten“. Vier riesige Blätter spreizen sich mit plastischer Wucht, mit ihren Splissen und Jahresringen und Verfärbungen sind sie geprägt von der Textur des toten Holzes. Ihr künstlerisches Arrangement in Blütenform birgt in der Mitte eiförmige hölzerne Samenkapseln. In meinen Augen hält die Skulptur eine Momentaufnahme von lebendiger Fruchtbarkeit fest, in der Natur generiert sich neues Leben durch den Knospensprung. Wie erhellend – mein „lichter“ Moment: Natur liefert der Kunst das Material, Kunst schafft eine neuartige Naturform, spendet neues Leben in zeitloser Verlängerung. Ja, das ist es! Für mich! So erlebe ich diese hölzern-lebendige Plastik von Ilka Raupach. Das könnte mit dem Untertitel ihrer Ausstellung gemeint sein: im „Spannungsverhältnis von Kultur und Natur“.


Mit den Worten der Gastrednerin zur Ausstellungseröffnung vertieft sich mein konkretes Kunsterlebnis. Dorothée Bauerle-Willert, promovierte Literaturwissenschaftlerin aus Berlin, spricht eingangs davon, dass Ilka Raupach „mit den vorgefundenen Formen der Natur“ einen „Transformationsprozess“ anstrebt, „der das Vorbild zwar erhält, aber doch sozusagen frisch und frei dekliniert und in ein Anderes überführt.“ Genau so! Und sie kündigt den Besuchern an: „Ilka Raupach breitet hier ein Feld aus. Und wenn wir durch dieses Feld wandern, wird es zu einer belebten Fläche, zu einer Fläche, in der die Einzeldinge miteinander ins Gespräch kommen.“ Ich nehme diesen Impuls auf, wandere also weiter, entdecke in Flugweite zur Knospenskulptur mehrere „Samenkörner in Ritterkostüm“, wehrhafte Zackengebilde aus Holz, wie aus den Samenkapseln der Blüte hinter mir gereift und in den Raum gestoßen, für den Überlebenskampf defensiv ausgerüstet, sodass die Samen auf fruchtbarem Boden neue Wurzeln schlagen können.

Und die Papiercollagen an den Wänden? Auch hier ist Holz das Ausgangsmaterial, erläutert Ilka Raupach. Also noch eine Art der Kommunikation im Ausstellungsraum zwischen den Kunstobjekten. Papier ist für die Künstlerin zur Abwechslung ein leichtes, ein lichtes Material, ein Baumstamm lässt sich ungleich schwerer bewegen und bearbeiten, „da komme ich oft an meine körperlichen Grenzen“, lacht die Bildhauerin. Sie liebt die Leichtigkeit und Handhabbarkeit von Papier und Wasser und Kleister, mit lichtechter Tusche schenkt sie ihren reliefartigen Collagen Dauer. „Wenn ich skulptural arbeite, trage ich ab, Rinde, Holzschichten, lege die Form frei,“ verrät sie mir aus ihrer Praxis. „Papiercollagen sind das Gegenpro-gramm, hier trage ich Schicht für Schicht auf.“


"Ich geh auf'n Hof". Mein Auge schweift und verfängt sich in einer der Collagen „Über Mauern hinweg I-III“. Geometrische Formen in Blau- und Weißfarben in- und übereinander-gelegt, schwarze Pfeile zuoberst. Ästhetisch ansprechende Dekorationskunst? Weit gefehlt! Diese Collage erzählt eine Geschichte. Welche Mauer ist gemeint? Nein, nicht die historische deutsche Mauer! Eher die Mauern eines Hinterhofs. Ich höre der Künstlerin zu: Ilka Raupach ist in Ostberlin großgeworden. In Berlin-Karlshorst auf dem Hof "fanden wir uns alle zusammen, die ganze Bande aus'm Haus. Wir hatten immer was zu erkunden", erzählt sie, "unser Karree war unser Abenteuerland ... Der weite Himmel hoch über uns bot sich nur in einem Ausschnitt." Ich stelle mir vor, wie sie als Kind ihren Blick aus der Enge der Häuserschluchten nach oben gewandt hat, ins Licht. Im kleinen Ausschnitt des Abendhimmels mit seinen Blau-Weiß-Formationen tummelten sich Mauersegler. Ich beginne zu begreifen: Ihren Nistplätzen hoch oben im Gemäuer der Wohnhäuser entflogen, waren sie mit ihren dunklen Silhouetten im Flugmanöver klar abgegrenzt gegen den lichten Luftraum der Stadt. Ilka Raupachs Collage - eine künstlerische Umsetzung ihrer frühen Erfahrungen in der engen Bebauung der Großstadt. Ein Stück Natur in der Stadtarchitektur entdeckt!


Heraus aus dem Ausstellungspavillon und hinein in den lichten Gartenraum - leichten Fußes und satt an Sinneseindrücken, visuell und akustisch und haptisch.

Klirrende Gläser bei angeregtem Stimmengewirr in der Besuchergruppe um Ortsvorsteherin Kathrin Freudner, dazu seichte Klänge des Pianos, in die

Abendstimmung entsandt von Amelie Protscher, Freundin der Haape-Familie, promovierte Chemikerin in der Woche und Hausmusikerin auf den Vernissagen in der Galerie.


Sommer in Caputh – die Havelländische Künstlerkolonie erlebt ein Update, besser noch: ein Upgrade – mit Ort und Thema dieser Ausstellung in der Schlossgalerie Haape am Havelufer.



Die Ausstellung „Lichtung – das Spannungsverhältnis zwischen Kultur und Natur“ ist

bis zum 1. August 2021 in der SchlosssGalerie Haape in Caputh, Krughof 38,

geöffnet, jeweils am Do, Sa und So, von 12-18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Zur Finissage

wird Ilka Raupach ihre gleichnamige Publikation zur Ausstellung vorlegen, darin auch

der Gastvortrag von Dr. Dorothée Bauerle-Willert.

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