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"Bei Schubert kann ich nie stille stehen ..."

Aktualisiert: 11. März 2022

Das Duo >con emozione< bewegt das Publikum mit Lesung und Liedern in der Schinkelkirche in Petzow / Werder


"... egal, ob ich von ihm eine Sinfonie höre oder ein Lied von ihm singe: Es bewegt sich immer an einem etwas, wenn man Schubert hört."

Die "Eine", die dies von sich preisgibt, ist Liane Fietzke, Sopranistin, Vorleserin und Moderatorin in ihrem Programm "Seemärchen und Meer/mehr" in der Kulturkirche in Petzow / Werder a. d. Havel. Und sie zeigt uns mimische wie emotionale Bewegung in ihrer Interpretation des Schubert-Liedes "Auf dem Wasser zu singen".


Begleitet wird Liane Fietzke im Leben seit mehr als 30 Jahren wie am Klavier an diesem Sonntagnachmittag, dem 6. März 2022, von ihrem Ehemann und Pianisten Norbert Fietzke. Zusammen sind sie das Duo >con emozione<. Pate für den italienischen Künstlernamen stand das klassische Musiklexikon: "mit innerer Bewegung". Musik, Gesang und Literaturlesungen "aus Leidenschaft" sind seit über 25 Jahren ihr Programm.


Im kühlen Kirchenraum lauschen wir der Vertonung des Schubert-Lieds durch Leopold Graf zu Stolberg und erwärmen uns am Zusammenspiel von Klang und Bewegung des Duos >con emozione<. Klicken Sie hier, um mein Video auf YouTube zu sehen und zu hören: https://youtu.be/X-ZWecoxYbw


Auch unseren Augen wird vier Minuten intensives mimisches Schauspiel geboten:


Das ist auch schon das Schlussspektakel, das diesen kalten, grauen Märztag im hartnäckigen Winter 2021/22 aufgehellt hat, das "Mehr" aus dem angekündigten Programm.

Angefangen hat es 60 Minuten zuvor mit den werbenden Worten der Veranstalterin Doris Patzer, Kulturamtsleiterin des Landkreises Potsdam-Mittelmark in Bad Belzig. Sie kann begeistern für dieses nach langjähriger Bühnenerfahrung ebenso eingespielte wie einfallsreiche Musikerehepaar aus Paretz-Ketzin im Havelland. Verheißen wird uns eine "fantasievolle Reise voller Gefühl mit Texten und Musik", die uns einlädt, "einen Gang herunterzuschalten" - in einer angespannten europapolitischen Lage, das ist uns allen unausgesprochen bewusst.


Im Antiquariat entdeckte Liane Fietzke schon vor Jahren diesen Original-Erzählband von 1894, den Philipp Graf zu Eulenburg (1847-1921) schrieb, ein preußischer Diplomat, gern gesehener Gast im Hause Bismarck und enger Vertrauter des Deutschen Kaisers Wilhelm II. Aus einem alten Adelsgeschlecht gebürtig, das Generationen von Führungskräften für den preußischen Staat gestellt hatte, war Philipp nach eigenem Bekunden auch ein unabhängiger Geist, mit musikalischen und literarischen Interessen und nach Aussage seiner Salongäste auch ein begabter Komponist und Musiker.

"Dieses Buch hat mich angefixt", bekennt die Sängerin. "Kennen Sie so was? Das musste ich einfach haben!"


Aber keineswegs fürs Bücherregal!


Der preußische Diplomaten-Dichter liefert kostbares Rohmaterial für das Duo >con emozione< und ihre Leidenschaft für sprachliche und musikalische Klänge. Seit vielen Jahren gastiert das Duo im deutschsprachigen Raum mit seinem originellen Upcycling dieses Kulturfundus.





Auch heute in der Petzow Kirche liest Liane Fietzke aus den Abenderzählungen des preußischen Multitalents, übersetzt literarische in stimmliche Dramatik und singt dazu heitere wie schwermütige "Rosenlieder" Eulenburgs zur Klavierbegleitung durch Norbert Fietzke:




Warum Märchen? Liane Fietzke erklärt: "Das ist ein wahrer Fundus an Träumen und fantastischen Geschichten, die uns etwas aufzeigen wollen, aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger!" Und das aus preußischen Zeiten!


Das gefällt dem Publikum der Neuzeit.


Im Märchen "Tränensee" bringt uns die Vorleserin zum Nachdenken darüber, "Wer je auf Erden Schuld an Tränen trug ...".

Unmittelbare Parallelen zum gegenwärtigen Leid in der Ukraine mögen spontan in den Köpfen vieler Zuhörer aufblitzen, laut werden sie nicht, zu sehr stehen wir im Bann der Lesung. Dass die Frau in der Illusionswelt des Märchens "die Hütten der Armut aufsucht", mit mildtätigen Gaben und tatkräftigem Zupacken, um die "Tränen zu trocknen", das ist nicht nur die Lösung in der fiktionalen Märchenwelt. Ganz real denke ich an die Anlässe für meine Blog-Artikel in den letzten Tagen: Und auch hier bedurfte es keines "erhobenen Zeigefingers" für die Charity-Aktionen in Caputh und in Werder, die die Menschen in der Ukraine und auf der Flucht vor der russischen Invasion unterstützen wollen. Humanitäre Vernunft, Mit-Leiden und selbstlose Hilfe sind aktiv in unserer Gemeinde Schwielowsee. Und schließlich am "See der Freudentränen" anzukommen, wie die Helferfigur am Märchenende, das ist ein hoffnungsvolles Bild.

Und warum "See-Märchen"?


Nun ja, eines der "Rosenlieder" aus der Komponistenhand von Philipp Graf zu Eulenburg trägt den Titel "Seerose". Dieses Lied und weitere Lieder aus der Sammlung hören wir von der Sopranistin als musikalische Einlagen zu ihrer nächsten Märchenlesung: Ein Königssohn zwischen seiner Liebe zur Seeprinzessin und seiner Mutterliebe muss sich entscheiden, eine Dilemmasituation wie im griechischen Drama ...

Und dann sind wir ja in Petzow umgeben von den weitläufigen Seen der Havellandschaft - seit jeher eine Fundgrube für Mythen und Legenden ...




Wer mehr über Seemärchen, Rosenlieder und die künstlerische Vielfalt des Duos >con emozione< live erfahren und keine langen Wege machen möchte, der kann sich auf diese regionalen Veranstaltungen in den nächsten Wochen mit dem Künstlerpaar freuen:


21. Mai 2022

Schloss Nennhausen

Picknick-Konzert im Grünen

De La Motte Fouqué

*

12. Juni 2022

Schloss Babelsberg

Potsdam-Babelsberg

500 Jahre Rosen in Musik und Literatur



Was das Publikum an diesen Terminen nicht erleben wird, ist das überraschende Schlussszenario in der Kulturkirche Petzow am 6. März 2022:


Dank und Gaben an das Duo

von Gastgeberin Doris Patzer


UND


Gratulation an den Pianisten,

der just an diesem Sonntag seinen Geburtstag feiert.


Evviva, Norbert Fietzke!



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